Über die Gartenstadt Wandsbek

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Gründerjahre und die erste Wachstumsphase 1910 – 1940

Im Hotel „Zum alten Posthause“ trafen sich am 26. Januar 1910 zehn Männer, überwiegend Beamtenschaft, und beschlossen die Gründung der „Gartenstadt-Gesellschaft Wandsbek“.

Sie waren beeindruckt von einer Ausstellung der Deutschen Gartenstadt-Gesellschaft Anfang Januar desselben Jahres in Hamburg über englische und deutsche Gartenstädte sowie vielfältige Umsetzungsideen Hamburger Architekten. Mit Wirkung zum 31.01.1910 erfolgte die Eintragung ins Genossenschaftsregister und sofort begann eine rege und erfolgreiche Mitgliederwerbung.

Da die Hamburger Bodenpreise durch Spekulation unbezahlbar waren, erwarb die Genossenschaft auf preußischem Staatsgebiet ein ca. 4,5 ha großes Areal des ehemaligen „Helbingschen Gutshofes“ sowie Vorkaufsrechte auf weitere 14 ha. In innovativer Bauweise waren bis November 1910 acht Doppelhäuser bezugsfertig und vollständig möblierte Musterhäuser konnten von weiteren Interessenten besichtigt werden. Bis zum Kriegsausbruch wuchs der Bestand auf 188 Wohnungen und acht Läden in sechs Einzel-, 76 Doppel- und vier Reihenhäusern an. Maßgeblichen Anteil am Erfolg hatten die direkte Straßenbahnverbindung zur Hamburger Innenstadt (31 Min.) und die Ausstattung der Siedlung mit Marktplatz und allen notwendigen Läden und Handwerksbetrieben.

In den Kriegsjahren waren die Selbstversorgungsmöglichkeiten der Gartenstädter äußerst attraktiv – in vielen Krisenjahren kam es sogar zu Gartenplünderungen. Nach dem Krieg führte die anfängliche Finanznot zu einem behutsameren Wachstum und deutlich einfacher gestalteten Haustypen. Die Inflation stoppte dann sogar jede Bautätigkeit bis 1928. In den Folgejahren wurde dann aber wieder fleißig gebaut und auch renoviert: 41 neue Wohnungen kamen bis 1930 neu in den Bestand. Im Dritten Reich wurden die Gartenstädte dann systematisch durch die nationalsozialistische Ideologie vereinnahmt. So wurden allein in den Jahren 1937/38 über 100 „Volkswohnungen“ nach genau definierten Vorgaben errichtet. Nach einer Zwangsfusion mit der „Gemeinnützigen Baugenossenschaft Wandsbek e.G.m.b.H“ (Gebau) betrug der Bestand der Genossenschaft 575 Wohnungen und 9 Läden bei einer Zahl von 708 Mitgliedern.

Gründung Wandsbek 


Der Wiederaufbau: die 50er Jahre

Auch der 2. Weltkrieg hat große Wunden in die Gartenstadt geschlagen:

Über 180 Wohnungen, das war rund ein Drittel des Bestandes, gingen in Bombennächten verloren. In der großen Not mussten die Menschen zusammenrücken, mehrere Familien mussten sich eine Wohnung teilen. Noch im Jahre 1947 war es aus Geld- und vor allem Baumaterialmangel unmöglich, mit dem Wieder-aufbau der Ruinen und der schwer beschädigten Häuser seitens der Genossenschaft zu beginnen. Nur der Ausbau in Selbsthilfe rettete viele Häuser vor dem endgültigen Zerfall.

Erst mit der Währungsreform änderte sich das Bild: Mit der Einrichtung der Wiederaufbaukasse flossen auch wieder unterstützende öffentliche Gelder. Doch der Eigenanteil blieb auch in den Folgejahren hoch und bis zum Jahre 1950 baten Vorstand und Aufsichtsrat die Mitglieder zu freiwilligen Arbeitseinsätzen. Die Gemeinschaftsarbeit sorgte dafür, dass bis zum 40-jährigen Jubiläum 125 zerstörte Wohnungen wieder hergerichtet werden konnten. Neben der harten Aufbauarbeit entdeckte die Gemeinschaft aber auch wieder das gemeinsame kulturelle Leben und Feiern.

   

Ab 1951 veranstaltete die Genossenschaft wieder das traditionelle Sommerfest im Festzelt am Immergrünweg/ Ecke Gartenstadtweg –neben vielen anderen Musik-, Theater- und Tanzveranstaltungen.


Wirtschaftswunder und Fusion – 1960 bis 1980

Schon im Jahre 1959 setzte die Genossenschaft mit der Fertigstellung von Mehrfamilienhäusern in halboffener Bauweise mit vielen Grünflächen Akzente, die für den Bauboom in den folgenden zwei Jahrzehnten kennzeichnend waren:

Mit 128 Wohnungen und 15 Garagen auf dem Gelände Gartenstadtweg / Pillauer Straße / Immergrünweg hatte man sich das erste Mal bewusst vom Doppel- oder Reihenhaus abgesetzt. Mit der Einrichtung von Altenwohnungen, einer Geschäftsstelle sowie Veranstaltungsräumen versuchte die Genossenschaft aber auch schon frühzeitig, sich abzeichnenden gesellschaftlichen Isolationstendenzen entgegenzuwirken.

Der Bauboom hielt an:

Zwischen 1960 und 1980 entstanden insgesamt 1.352 Wohnungen und 14 Gewerbeobjekte – auch in vielen für die Genossenschaft neuen Stadtteilen Hamburgs. Mit der Fertigstellung der Neubauten „Loheide“ in Rahlstedt 1966 konnten 233 Wohnungen und vier Läden neu im Bestand notiert werden.

 EisenbahnerDieses Großprojekt führte auch zu einer Verschmelzung mit der „Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft der Eisenbahner Hamburg-Ohlsdorfer G.m.b.H.“. 1946 gegründet, hatten die Eisenbahner bis dahin 625 Wohnungen gebaut und zählten 1.081 Mitglieder. Mit der Fusion wuchs die Genossenschaft auf 2.254 Mitglieder mit einem Bestand von 1.588 Wohnungen. Mit dieser breiten Basis konnte die neue „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Gartenstadt Wandsbek – Eisenbahner Ohlsdorf“ weiter erfolgreich wachsen und neue Projekte angehen.

 Der Wohnungsbedarf in den 70er Jahren stieg dramatisch an und neue Lösungen waren gefragt. Die Mehrfamilienhäuser wuchsen in den Himmel, vierstöckige Bauten waren das Minimum – bei einem Gemeinschaftsobjekt in Steilshoop realisierte man sogar achtstöckige Neubauten. So konnte die Genossenschaft Ende der 80er Jahre unterschiedlichste Ansprüche in einem stark wachsenden Wohnungsmarkt erfüllen.


Die Idee der Gartenstadt – nie war sie so aktuell wie heute

Bis zum heutigen Tage ist die Wohnungsbaugenossenschaft Gartenstadt Wandsbek eG auf über 3.100 Wohnungen im gesamten Hamburger Stadtgebiet und mehr als 5.000 Mitglieder angewachsen. Neubauten mit entsprechenden Anforderungen an die Grundrissgestaltung und an den Energiebedarf gehören genauso zum Bestand wie unsere ehemalige Keimzelle, die Gartenstadtsiedlung. Die Modernisierung der Bestandsbauten in energetischer Hinsicht und die Anpassung der Wohnungen an heutige Standards ist eine der Hauptaufgaben der Genossenschaft.

   

Die Gartenstadtsiedlung wird seit den 1990er Jahren behutsam aber umfassend modernisiert. Der Erneuerung der Dächer und der Instandsetzung der Fassaden folgen heute weitere Baumaßnahmen, wie die Erneuerung der Heizungsanlagen, Austausch der Fenster sowie eine komplette Innenmodernisierung im Falle von Wohnungswechseln. Im Vordergrund steht dabei immer der Erhalt des städtebaulichen Ensembles, welches heute unter Milieuschutz steht.

  

Neben ihren Kernaufgaben widmet sich die Genossenschaft heute zunehmend dem gemeinschaftlichen Engagement. Angebote, die die Menschen zusammenbringen wie gemeinsames Laternelaufen, Adventssingen und Veranstaltungen im Gemeinschaftssaal sind wichtiger Bestandteil der genossenschaftlichen Arbeit. Dem trägt auch der 2009 durchgeführte Umbau der Geschäftsstelle Rechnung, welcher neben der nun barrierefreien Erreichbarkeit auch zusätzliche Flächen beispielsweise für Ausstellungen, Festivitäten o. Ä. für unsere Mitglieder bietet. Ergänzt wird dieses Angebot durch fünf Gästewohnungen, die unseren Mitgliedern in der Gartenstadtsiedlung zur Verfügung stehen.

  

Dass Gemeinschaft auch heute noch wichtig ist, zeigt uns die große Beteiligung im Rahmen unseres 100-jährigen Jubiläums, zu dem wir unsere Mitglieder zu einem Sommerfest mit historischem Jahrmarkt in die Gartenstadtsiedlung einluden. Rund 4.000 Besucher feierten mit uns bei bestem Wetter und in wunderschöner Umgebung.

   

Wohnqualität in einem Ballungsraum wie Hamburg ist immer ein aktuelles und brisantes Thema – gerade wenn es darum geht, möglichst vielen Menschen lebenswerten Wohnraum zu vernünftigen Mieten anzubieten. Diese Herausforderung hat sich in den letzten 100 Jahren nicht grundlegend geändert – auch wenn die historischen Geschehnisse von ganz unterschiedlicher Dramatik waren. Und gerade in der heutigen Zeit, wo die Erhaltung von Natur und Umwelt, der schonende Umgang mit unseren Ressourcen sowie zunehmende demografische Probleme die Zukunftsdiskussionen bestimmen, ist die Idee der Gartenstadt und die Besinnung auf die Ursprünge und Anfänge so aktuell wie nie: ein Leben im Grünen, mit genug Platz für alle Generationen, individuelles Wohnen mit der Sicherheit einer starken Gemeinschaft und eine Form von Miteigentumsrechten an wertstabilen Immobilien, die sich jeder leisten kann und keinen über Gebühr belastet.